Monster. Oder: Den Worten entkommen

Sascha J. Dorn, Student*in im dritten Jahr des Bachelors, sagt über sich: Ich mag keine Enden. Gleichzeitig bin ich ein ungeduldiger Mensch und nicht gut darin, an etwas endlos zu arbeiten. Ich lebe also in einem ständigen Dilemma. Oder anders: Ich bin eine wandelnde Zwangslage. Mein Ausweg: Deadlines. Unausweichlich, was Enden betrifft, und davor endlos arbeiten.
Um eine Deadline für das Buchprojekt „Dräck underem Fingernagel“ zu bekommen, hat Sascha es als Studen­tisches Projekt angemeldet. Das heisst, die Arbeit am Projekt (das in jedem Fall selbst­gewählt sein und eigen­ständig durch­geführt muss, alleine oder in einer Gruppe) wird als Studi­en­leistung anerkannt. Welche Form die sogenannten Studen­tischen Projekte haben, ist völlig frei, von Rap-Songs bis zu Kurzfilmen, von kolla­bo­rativen Schreib­ex­pe­ri­menten bis hin zu Überset­zungen ist alles möglich.

Angefangen hat es für mich etwas dramatisch: Ich konnte nicht mehr schreiben. Aber dem Gang zum Computer oder zum Schreibheft auszuweichen, daran war nicht zu denken. Nur so dasitzen ging aber auch nicht. Also habe ich irgendwann angefangen, Punkte zu zeichnen. Aus den Punkten wurden Muster, aus den Mustern formten sich Knospen, aus den Knospen schlüpften Monster. Viele Monster. Sie begannen, zu trotzen. Sie fingen an, zu toben. Sie forderten Worte. Ich konnte mich ihnen nicht mehr verschliessen. Mit Texten zeichnete ich ihnen kleine Welten.

Meine Freunde mochten die Monster, wollten ein eigenes. Sie gaben mir drei Worte, ich ihnen ein Monster und eine Welt. Die Monster uferten aus, vermehrten sich rasant. Es wurden über dreihundert. Sie frassen mir die Abende, dann auch die Nächte. Ich musste ihnen Einhalt gebieten. Irgendwie. Also entschloss ich, sie zwischen zwei Buchdeckel zu sperren, mitsamt den kleinen Welten aus Text. Ein Jahr lang versuchte ich es.

Aber eben, da ist die Sache mit den Enden. So meldete ich uns, also die Monster, die Welten und mich, als Studentisches Projekt an. Ein endlos scheinendes Monster- und Textauswahlverfahren begann. Ich trage noch heute die Spuren von Klauen und Zähnen unter der Haut. Es wurde lektoriert (von Baba Lussi, Kommilitonin am Literaturinstitut), gelayoutet (von Nadine Laube, Studentin der Visuellen Kommunikation an der HKB) und schliesslich produzierten wir die Büchlein. 68 an der Zahl. Eine Woche vor der Projektpräsentation waren sie fertig. In dem Moment, in dem sie vor mir lagen, verschwanden die Monster aus mir und meinem Zeichenstift.
Ende.