Projekt Gegenkanon #1

Welche Werke werden in den literarischen Kanon aufgenommen werden, der von allen Studierenden und Lehrenden des Bachelor of Arts in Literarischem Schreiben erstellt wird?

Wir hätten es auch «Hotlist» oder «Top 10 Books» oder «Read This!» nennen können. Das Projekt «Gegenkanon» steht im weiteren Kontext der an der Hochschule der Künste Bern gemachten Reflexion über Macht und Sexismus in der Kunst. Das Ziel ist einerseits, dass wir eine Diskussion darüber führen, was wir lesen (und zu lesen wählen), und andererseits, dass wir uns unserer Entscheidungen (oder Nicht-Entscheidungen) beim Lesen bewusst werden. Wie bewusst wählen wir unsere Lektüren, wie offen sind wir, neue Lektüren zu entdecken, uns mit diverseren Perspektiven und Autorschaften zu beschäftigen?

Mittels eines Padlets, auf dem jede/r Studierende und Dozierende Lektürevorschläge posten und mit einem kurzen Kommentar die Wahl erklären und auf bereits vorhandene Vorschläge verweisen kann, wird eine Tabelle erstellt, auf der alle Titel der genannten literarischen Werke notiert sind.

Jeden Monat wählen die Student*innen in einem Kurs/Workshop einen Titel aus, der am Ende des einjährigen Projekts auf der endgültigen «Hotlist» erscheinen soll. Diese Liste werden wird dann als unseren «Gegenkanon» bezeichnen.

Das Gute an einem literarischen Kanon ist, dass man ihn hinterfragen kann. Er fordert dazu auf, die ästhetischen Kriterien zu befragen und zu bedenken, die bei der Erstellung des Kanons berücksichtigt werden - oder eben nicht. Er lädt ein zu fragen, welche Institutionen und Instanzen denn eigentlich berechtigt sind, einen Kanon zu schaffen oder zu veröffentlichen. Die Werke in jedem Kanon können in ihrer kanonischen Funktion in Frage gestellt werden.

Der erste Text, der in dieser Liste erscheint, ist:

Cyborg Detective (2019) von Jillian Wiese. Eine Sammlung von Gedichten über Behinderung, die unter anderem beschreiben, wie sich nichtbehinderte Autor*innen Behinderung im literarischen Diskurs angeeignet haben.

Projektkoordination: Gaia Renggli und Simone von Büren