Eva Maria Leuenbergers zweites Buch ist eine unerschrockene Auseinandersetzung mit Identität, Herkunft und Sprache, Ent- und Verwurzelung, sexueller Gewalt und Angst. All das macht kyung zu einem hochpolitischen und hochaktuellen Werk.
Ausgangspunkt für das Schreiben war die Lektüre von Theresa Hak Kyung Chas Dictée. Leben und Œuvre der koreanischstämmigen, feministischen Avantgardekünstlerin (1951–1982), die in New York vergewaltigt und ermordet wurde, ließen Eva Maria Leuenberger nicht los. Das Ergebnis bewegt sich zwischen lyrischen, essayistischen und persönlichen Schreibbewegungen, die sich Cha, der Kunst, Literatur und dem (eigenen) Schreiben annähern.
Wahrnehmungsintensive und körperliche Beschreibungen waren bereits in ihrem mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Debüt dekarnation wichtige Elemente. Auch jetzt flirrt die Sprache, sie flimmert, taucht in Leerstellen, sucht diese zu füllen oder den Leser*innen zu (er)öffnen. Eva Maria Leuenberger schafft Räume, die von Schmerz, Gewalt und zugleich lyrischer Schönheit bewohnt werden. kyung ist ein dichtes poetisches Kunststück, das sich Genrebezeichnungen – wie auch Chas Dictée – entzieht.