Die vielen Tode unseres Opas Jurek

Viele Tode musste Opa Jurek in seinem Leben sterben: im besetzten Warschau, nachts auf der Straße, wo er in der Sperr­stunde zwei deutschen Soldaten in die Arme läuft. In der „weltbe­rühmten“ Ortschaft Oświęcim, in der er als Zwangs­ar­beiter den Todeshunger kennenlernt. In Opole, der vom Krieg zerstörten Stadt auf dem Mond, wo er vor den leeren Regalen seines Lebens­mit­tel­ge­schäfts Nr. 6, noch immer sterbens­hungrig, von Delika­tessen und mehrgängigen Mittagessen träumt. Und auch, als er schon längst mit Oma Zofia verheiratet ist und ihre Tochter sich in einen schul­be­kannten Delin­quenten und Sohn regime­kri­tischer Eltern verliebt, der sie nach Kanada entführen will … Denn da steigt Opa Jurek, inzwischen Direktor eines Waren­hauses, für kurze Zeit zum erfolg­reichsten Delika­tes­sen­ver­käufer von Opole auf – und findet sich, scheinbar unschuldig, in der Todes­dun­kelheit einer Zelle wieder. Matthias Nawrats herzzer­reißend traurige, schaurig-komische Famili­en­ge­schichte verbindet Alltag und Politik, Straßenwitz und Kriegs­er­fahrung, Autobio­gra­phisches und Fiktion zu etwas, das stärker nachwirkt als jede romanhafte Biographie: dem Schel­menroman eines polnischen Großvaters, der – die Gräuel des Krieges und des Totali­ta­rismus herab­mildernd und die eigene Heldenrolle auffri­sierend – Geschichten erzählt, die gerade im Begriff sind, Geschichte zu werden. Ein lebendiger, an Zwischentönen reicher, aber auch abgründiger Roman über eine Familie vor dem Hintergrund der Geschichte Polens und Europas im 20. Jahrhundert.

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